Hormonelle Verhütungsmittel, wie die Antibabypille, die Hormonspirale oder der Vaginalring, gelten seit Jahrzehnten als zuverlässige Methoden zur Schwangerschaftsverhütung. Doch in den letzten Jahren ist die Akzeptanz hormoneller Verhütungsmittel gesunken. Immer mehr Frauen stellen deren Sicherheit in Frage und tauschen sich auf Social Media und Co. über Nebenwirkungen und Risiken aus. Sind hormonelle Verhütungsmittel zu Recht in Kritik geraten? Und welche Alternativen gibt es?
Gesundheitliche Risiken und Nebenwirkungen
Erhöhtes Thromboserisiko
Ein zentraler Kritikpunkt an hormonellen Verhütungsmitteln ist das erhöhte Risiko für Thrombosen. Insbesondere Präparate der dritten und vierten Generation, die bestimmte Gestagene enthalten, sind mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für Blutgerinnselbildung assoziiert. Thrombosen können schwerwiegende Folgen haben, wie Lungenembolien, Herzinfarkte oder Schlaganfälle.
Stimmungsschwankungen und Depressionen
Studien zeigen, dass die Einnahme der Pille mit psychischen Nebenwirkungen verbunden sein kann. Frauen berichten vermehrt von Stimmungsschwankungen, Libidoverlust und in einigen Fällen von Depressionen. Insbesondere junge Frauen und Mädchen sind betroffen. Auch andere hormonelle Verhütungsmittel können die Psyche unter Umständen stark belasten.
Typische Nebenwirkungen
Hormonelle Verhütungsmittel beeinflussen das endokrine System und greifen tief in die natürlichen Prozesse des Körpers ein. Zu den verbreitetsten Nebenwirkungen gehören Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Gewichtszunahme, Blähbauch, Akne, Ödeme, Spannen der Brüste, Blutungsstörungen und Eierstockzysten. Häufig legen sich Nebenwirkungen nach etwa zwei oder drei Monaten der hormonellen Verhütung, dies ist aber nicht immer der Fall. Es ist auch möglich, dass Nebenwirkungen nach jahrelanger Nutzung auftreten.
Gesellschaftliche und ökologische Kritik
Verantwortung für Verhütung
Ein gesellschaftlich relevanter Aspekt der Kritik betrifft die ungleiche Verteilung der Verhütungsverantwortung. Frauen tragen häufig die körperlichen, psychischen und finanziellen Belastungen, während Männer in vielen Fällen keine Verhütungsmittel verwenden. Diese Asymmetrie wird zunehmend hinterfragt, da die Entwicklung hormoneller Verhütungsmittel für Männer trotz vorhandener Ansätze nur schleppend voranschreitet. Der Diskurs wird auch durch feministische Bewegungen befeuert, die die patriarchalen Strukturen hinter der Entwicklung und Vermarktung hormoneller Verhütungsmittel kritisieren. Die Forderung nach gleichberechtigter Verhütungsverantwortung und alternativen Methoden hat dadurch an Aufmerksamkeit gewonnen.
Verlust der Körperautonomie
Viele Frauen berichten, dass sie sich durch hormonelle Verhütungsmittel von ihrem natürlichen Zyklus entfremdet fühlen. Die Unterdrückung des Eisprungs und die damit verbundene Veränderung des hormonellen Gleichgewichts können dazu führen, dass Frauen weniger Zugang zu ihrem Körpergefühl haben.
Umweltbelastung durch Hormone
Ein weniger bekannter, aber nicht minder wichtiger Kritikpunkt betrifft die Auswirkungen hormoneller Verhütungsmittel auf die Umwelt. Über den Urin gelangen die synthetischen Hormone in das Abwassersystem und können dort nicht vollständig herausgefiltert werden. Dies führt zu hormonellen Veränderungen bei Wasserorganismen und beeinträchtigt zum Beispiel die Fortpflanzungsfähigkeit von Fischen und somit das ökologische Gleichgewicht.
Verändertes Verhütungsverhalten in der Gesellschaft
Aktuelle Studien zeigen einen deutlichen Rückgang in der Nutzung hormoneller Verhütungsmittel, insbesondere bei jüngeren Frauen. Laut der BZgA-Studie zum Verhütungsverhalten Erwachsener 2023 ist die Nutzung der Pille von 55% im Jahr 2007 auf 38% im Jahr 2023 gesunken. Besonders ausgeprägt ist dieser Rückgang bei den 18- bis 29-Jährigen, wo der Anteil der Pillennutzerinnen innerhalb von zwölf Jahren von 72% auf 46% gesunken ist.
Alternativen zur hormonellen Verhütung
Angesichts der wachsenden Kritik an hormonellen Verhütungsmethoden suchen viele Frauen nach Alternativen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ohne Hormone zu verhüten:
Barrieremethoden
Kondome und Diaphragmen sind klassische Barrieremethoden, die eine mechanische Sperre zwischen Spermien und Eizelle schaffen. Kondome bieten nicht nur Schutz vor ungewollter Schwangerschaft, sondern auch vor sexuell übertragbaren Krankheiten. Laut der BZgA-Studie 2023 werden sie mit 53% erstmals seit 2007 deutlich häufiger als die Pille zur Verhütung eingesetzt. Die Anwendung von Barrieremethoden ist einfach, allerdings erfordern sie Konsequenz.
Kupferbasierte Verhütungsmittel
Die Kupferspirale ist eine langfristige, hormonfreie Verhütungsmethode. Sie wird von einer Frauenärztin oder einem Frauenarzt in die Gebärmutter eingesetzt und kann je nach Modell drei bis zehn Jahre lang wirken. Die Kupferspirale setzt kontinuierlich geringe Mengen Kupfer-Ionen frei, die die Beweglichkeit und Befruchtungsfähigkeit der Spermien beeinträchtigen. Alternativ kann die Kupferkette verwendet werden, die auf die gleiche Weise die Empfängnis verhütet. Sie wird in der Gebärmutterwand verankert. Sowohl Kupferspirale als auch Kupferkette bieten eine hohe Sicherheit, allerdings kann das Einsetzen schmerzhaft sein. Zudem können die Monatsblutungen und die damit einhergehenden Schmerzen durch diese Verhütungsmittel verstärkt werden.
Sterilisation
Für Paare, die keine Kinder mehr wünschen, kann die Sterilisation eine dauerhafte Lösung sein. Bei Frauen wird dies durch das Unterbinden der Eileiter erreicht, bei Männern durch eine Vasektomie, einem Eingriff, bei dem die Samenleiter durchtrennt werden. Diese Methoden sind jedoch in vielen Fällen irreversibel und sollten gut überlegt sein. Die Vasektomie wird häufig bevorzugt, da der Eingriff weit weniger invasiv ist, als die Sterilisation der Frau. Detaillierte Infos darüber gibt es beispielsweise auf der Seite der Vasektomie-Experten.
Natürliche Familienplanung (NFP)
Die natürliche Familienplanung gewinnt zunehmend an Popularität, ist bei einer nicht idealen Anwendung jedoch vergleichsweise unsicher. Bei dieser Methode beobachten Frauen ihren Zyklus genau, um die fruchtbaren Tage zu bestimmen. Dies kann durch die Messung der Basaltemperatur, die Beobachtung des Zervixschleims oder die Verwendung von Verhütungs-Computern und Apps erfolgen. NFP erfordert zwar viel Aufmerksamkeit und Disziplin, bietet aber den Vorteil, den eigenen Körper besser kennenzulernen. An fruchtbaren Tagen muss entweder enthaltsam gelebt oder eine Barrieremethode verwendet werden, um eine Schwangerschaft zu verhüten.
Fazit
Der Trend weg von hormonellen Verhütungsmitteln hin zu natürlicheren Methoden spiegelt ein wachsendes Gesundheitsbewusstsein in der Gesellschaft wider. Immer mehr Frauen wünschen sich eine Verhütung, die ihren Körper möglichst wenig beeinflusst und gleichzeitig zuverlässig ist. Es ist wichtig zu betonen, dass die Wahl der Verhütungsmethode eine sehr persönliche Entscheidung ist, die von vielen Faktoren abhängt. Was für die eine Frau ideal ist, kann für eine andere ungeeignet sein. Daher ist es ratsam, die verschiedenen Optionen mit einer Gynäkologin oder einem Gynäkologen zu besprechen und die individuell beste Lösung zu finden.